Unser Auge
Das Auge ist das Fenster zur Seele. Mit unserem Sinn zu Sehen nehmen wir die Wunder der Welt zuerst wahr. Werfen wir einmal einen kurzen Blick auf dieses Wunder der visuellen Informationsverarbeitung.
Auch wenn dieser Artikel in der Kategorie Wissenschaft erscheint, wollen wir einen spirituell-philosophischen Blick auf diesen Sinn werfen. Sehen, Wahrnehmen und Erkennen steht einer engen Beziehung mit spirituellen Erfahrungen und unserer Vorstellung einer Wirklichkeit.
Zunächst (ganz kurz) etwas Biologie: Unsere Linse im Auge bündelt das Licht auf das Zentrum der Netzhaut (Retina) wo die Dichte an Zapfenzellen mit 150000 pro Quadratmillimeter am größten ist. Hier erkennen wir auch Farben. In den Randbereichen der Netzhaut wird die Zapfendichte geringer und mehr Stäbchenzellen sind vorhanden, diese können eigentlich nur noch Graustufen wahrnehmen. Die Signale werden bereits in der Netzhaut vorverarbeitet (z.B. Kontrast und Bewegungsinformation), treten in den Sehnerv ein, der die Sehinformation mit über einer Million Nervenfasern direkt in das Mittelhirn weiterleitet.
Weitere interessante Fakten:
- Ca. 60% unserer Gehirnoberfläche sind an der Verarbeitung visueller Informationen beteiligt
- Das Auge gehört biologisch zum Gehirn
- Die Augenbewegungen sind die schnellsten Muskelbewegungen des Menschen
- Auch mit geschlossenen Augen steuert die Helligkeit unseren Tag-Nacht-Rythmus
- Für das Sehen ist primär der hintere Bereich des Gehirns, der Okzipitallappen zuständig
- Blickbewegungen werden in Fixationen und Sakkaden unterteilt
- Während einer Sackaden-Bewegung ist das Auge kurzzeitig blind
- Bestimmte visuelle Gefahrenreize, z.B. der Anblick einer Spinne, löst bereits eine Reaktion in uns aus, bevor wir den Reiz bewusst verarbeiten können. Bestimmte Formen sind uns von Geburt an bereits einprogrammiert.
Die visuelle Informationsverarbeitung ist ein unglaublich schneller und dennoch komplexer Vorgang. Zunächst werden irrelevante Informationen herausgefiltert, nur ein Bruchteil der ursprünglichen Datenmenge gelangt in unser Bewusstsein.
Was wir sehen erzeugt in unserem Gehirn eine neuronale Repräsentation unserer Welt. Die Macht der Bilder darf man nicht unterschätzen. Selbst wenn uns durch die Medien völlig unglaubwürdige Tatsachen präsentiert bekommen, entsteht in unserem Kopf eine neue Wirklichkeit. Das Unterbewusstsein unterscheidet zunächst nicht zwischen künstlichen und echten Bildern. Ob wird unseren Augen trauen entscheiden wir erst, wenn wir uns für eine Wirklichkeit entscheiden – diese wird dann aber erst in unserem Geist zur Realität.
Die unglaublich hohe Datenmenge zwingt unser Gehirn, Kompromisse zu machen. Jeder Sinneseindruck – egal ob von Auge, Ohr oder unser Geruchssinn, verursacht eine kleine Umprogrammierung unserer neuronalen Strukturen. Insbesondere wenn Informationen zeitgleich mit einer starken Gefühlsempfindung auf uns einwirken, haben sie einen besonders grossen Einfluss auf uns.
Das Auge gehört anatomisch zum Gehirn und dieses organisiert sich ständig neu. Wenn wir erblinden , die visuellen Informationen bleiben hier aus, beginnen Hirnareale, die eigentlich für das Sehen zuständig sind, plötzlich auditive (Hörsignale vom Ohr) zu verarbeiten. Die Informationsverarbeitung ist dabei streng hierarchisch geordnet und verarbeitet zunächst die einfachen Objekte (Ecken, Kanten, Linien, Kontraste) und entwickelt sich dann hoch zu komplexeren zusammengesetzten Strukturen (Konzepte wie Becher, Türen oder Handys). Dabei erkennen wir komplexe Objekte unabhängig von ihrer Orientierung im Raum, Größe oder Entfernung. Das gesamte Gehirn verarbeitet Unterschiede zwischen den Reizen, keine objektiven Muster.
Eine grosse Rolle beim Sehen spielt unsere selektive Wahrnehmung. Unser Gehirn verstärkt die Signalantwort auf Reize, die unserem Präferenzmuster entsprechen. Es unterdrückt gleichzeitig Reize, die wenig Relevanz enthalten. Wenn wir eine Gabel suchen ignorieren wir die visuellen Reize von Tassen, Tischoberflächen oder Korkenziehern – andere Dinge interessieren uns nicht und unser Blick wandert sehr schnell zu Objekten, die mit einer Gabel Ähnlichkeit haben könnten.
Was lernen wir daraus? Die Welt, die wir sehen, besteht zum größten Teil aus Dingen, die wir sehen wollen. Die Realität ist in Wirklichkeit ganz anders. Unser Bild von der Welt entsteht zunächst im Kopf. Visualisierung ist deshalb ein unfassbar starkes Hilfsmittel. Unser Unterbewusstsein unterscheidet nicht zwischen real Gesehenem in unserer Vorstellung oder der Phantasie. Ein Teil unseres Gehirn hält unsere Vorstellungen, Träume und Gedanken für genauso real wie die Gegenstände, die um uns sind. Eine starke Visualisierung wird in unserem Kopf real und unser Unterbewusstsein arbeitet dann genauso auf diese Relität hin, wie es zu dieser Visualisierung passt.
Positive Visualisierungen können sich unmittelbar in unserem Leben positiv auswirken, negative unmittelbar negativ.
Wir sollten die Macht der Visualisierung nicht unterschätzen und auch die Medien, die wir konsumieren, bewusst bewerten. Es ist deshalb eine gute Idee, mit einem bewussten Blick durch die Welt zu gehen und nach den dahinterliegenden Dingen Ausschau zu halten. Unsere Realität wird sich daraufhin unmittelbar verändern.