Der Succubus ist eine uralte mystische Traumgestalt, die insbesondere Männern im Traum erscheint. Diese Traumgestalt ist seit Jahrtausenden bekannt und Gegenstand zahlloser Mythen und Legenden. Zunächst verlockt sie mit einer Prise Erotik, dann zeigt sie sich aber plötzlich gerne in ihrer „wahren“ dämonischen Gestalt. Der Legende nach verführt der dämonische Succubus in der Gestalt einer reizenden jungen Frau Männer im Schlaf und saugt ihnen Energie und Lebenskraft ab. Manchmal begleitet von erotischen Träumen, manchmal aber auch heimlich und hinterhältig.
Zunächst einmal sind Träume – egal in welcher Form – niemals ein Grund für ein schlechtes moralisches Gewissen. Träume zeigen uns verborgenes Wissen, unbewusste Hoffnungen und Ängste und reflektieren oft als Traumsymbole Aspekte in uns selbst. Niemand hat das Recht, einen Menschen wegen eines Traumes moralisch zu beurteilen. Dazu zählt auch der Traum vom „Succubus“ (die Unterliegende oder die Unterste) und deren männlichem Gegenstück, dem „Incubus“, der im Traum meist Frauen verführt.
Habe ich es also mit einem „Dämon“ oder einer dunklen Wesenheit zu tun, die mir im Traum versucht, meine Lebenskraft auszusaugen? Insbesondere in einer christlich geprägten Sozialisation ist diese Deutung, oft in Begleitung von Schuldgefühlen, häufig anzutreffen. Es ist ja gerade der Gedanke der „Versuchung“, der verführerischen Überredung, die uns zu einem Handel bewegen soll, der oft in der christlichen Mystik mit einem Pakt mit dem Teufel ausgelegt wird.
Tatsächlich berichten die wenigsten Träumer von einem Succubus von einem Gefühl der „Energielosigkeit“. Im Gegenteil – oft handelt es sich ganz einfach um einen erotischen Traum mit einer bizarren mystischen Note, nichts, weshalb man sich Sorgen machen sollte.
Trotzdem ist dieser besondere, bizarre Traum faszinierend und sollte vom Träumer kurz analysiert werden. Im Traum zeigen sich häufig Widersprüche und ambivalente Sichtweisen. Auf der einen Seite haben wir eine anziehende und glückliche Komponente, auf der anderen Seite eine abstoßende und widerliche, z.B. Fledermaus-Flügel, dämonische Hörner, merkwürdige Extremitäten und unmenschliche Gesichtszüge, die sich mit mädchenhaften und süßen Aspekten abwechseln. Da Träume fast immer eigene Aspekte in unserem Unterbewusstsein ausdrücken, geht es möglicherweise um Wünsche und Bedürfnisse, die sich im Traum Ausdruck verleihen. Bei dieser Deutung sind wir nicht weit weg von Sigmund Freud, der nahezu jedes Traumsymbol auf versteckte und unterdrückte sexuelle Wünsche zurückgeführt hat. Möglicherweise besteht tatsächlich ein Wunsch nach mehr intimer Nähe, der in der Welt des Wachbewusstseins jedoch nicht erlaubt oder möglich ist.
Kurz gesagt: Wer von einem Succubus träumt, sollte sich keine Sorgen machen. Wesentlich ist nur, ob der Traum angenehm empfunden oder eher albtraumhaft ist.
Orakel auf Astrolymp
Die Intensität dieser bizarren Kombination von einem erotischen Traum mit dämonischen und abstoßenden Aspekten nimmt in der Welt der von Schuldgefühlen und Dogmen behafteten Religionen eine besondere Rolle ein. Sexualität drückt sich auch im Traum aus, und diese wird insbesondere von monotheistischen Gruppen gerne als moralisches Kontrollmittel zum Erzeugen von Schuldgefühlen instrumentalisiert.
Der Succubus verbindet Verführung mit den Chaoskräften der Mythologie. Die starke Anziehung der Erotik verbunden mit den schattenhaften Aspekten des Chaos, des Bösen oder des Dämonischen. Die Vereinigung dieser gefühlsstarken Gegensätze macht den Succubus in der Mythologie zu einem stark thematisierten und mystifizierten Symbol. Oft wird eine Verbindung zu einer der
wichtigsten Mythen der Menschheit gezogen, zum ersten Menschenpaar Adam und Eva. Laut bestimmter apokryphischer Schriften gab es vor Eva eine andere Frau Adams, Lilith. Diese weigerte sich, sich Adam unterzuordnen, floh aus dem Paradies und wurde zu einer Dämonin mit zahllosen Kindern. Auch Liliths Legende wird oft mit dem Archetyp des weiblichen Succubus in Verbindung gebracht. Auch der Archetyp des weiblichen Blut- und Lebenskraft saugenden Vampirs oder Vamps spielt eine Rolle. Hollywood, Film, Gaming und Social Media nehmen das Thema gerne auf und verarbeiten es in Unterhaltungsmedien und bauen es in die Popkultur ein. Auch Aspekte der sexuellen Emanzipation und der weiblichen Emanzipation spielen hier eine Rolle, da Lilith als erste Frau Adams sich weigerte, sich dem Matriarchat zu unterwerfen und sich in das devote Rollenverhalten zu zwängen.
Im Traum kommen möglicherweise mehrere Aspekte an die Oberfläche, die mit (sexueller) Emanzipation, unterdrückter Sexualität, moralischer Rebellion oder dem Beginn einer neuen eigenverantwortlicheren Lebensphase zu tun haben. Dabei spielt es keine große Rolle, ob der Succubus einer weiblichen oder männlichen Person im Traum erscheint. Möglicherweise geht es mehr um den Aspekt, dass extreme Gegensätze in einer Einheit auftauchen, z.B. in einer Lebensphase, in der mehrere gegensätzliche Interessen im Leben Aufmerksamkeit einfordern (z.B. Partnerschaft, Kinder, Beruf, Familie, Angehörige, enge Freunde) und sich als Succubus im Traum ausdrücken. Der Succubus ist eine emotional einprägsame Traumgestalt, die häufig lange in Erinnerung bleibt und zur Selbstreflexion einlädt – Ein Grund zur Sorge sollte dieses Traumsymbol nicht sein.
