Festhalten oder Loslassen?

Das Leben ist im ständigen Wandel. Egal ob Partnerschaft, Beruf oder eine bestimmte Situation – manchmal stehen wir plötzlich vor der Wahl, ob Loslassen oder Festhalten die richtige Entscheidung ist. Diese Entscheidung kann uns niemand abnehmen, aber vielleicht helfen uns einige Gedanken dabei, keine überstürzten Kurzschlusshandlungen zu begehen. Was will ich wirklich? Bin ich überhaupt bereit für eine notwendige Veränderung?

Wer die Erkenntnis akzeptiert hat, dass er oder sie in einer Situation steckt, die nicht mehr gut tut, hat bereits eine gedankliche Entwicklung durchgemacht. Viele sind zunächst kaum bereit, die veränderte Situation zu akzeptieren. Möglicherweise ignorieren sie alle Anzeichen und Alarmsignale und klammern sich hartnäckig an eine alte Situation oder Sichtweise, die längst nicht mehr existiert. Genau hinzuschauen traut sich nicht jeder so schnell, sich zu fragen, ob es sich noch lohnt, an der Situation festzuhalten.

Dabei sind die Signale vielleicht unübersehbar. Man fühlt sich ausgepowert und vielleicht sogar ausgenutzt. Man fühlt sich nicht mehr respektiert und in seiner Weiterentwicklung ausgebremst. Eventuell befindet man sich auch in einer toxischen Beziehung, die längst nicht mehr auf Augenhöhe stattfindet.

Trotz dieser Alarmsignale hindern uns Ängste daran, der Situation wertneutral und nüchtern entgegenzutreten. Tatsächlich fehlt oft die Vogelperspektive auf das eigene Labyrinth der Gefühle und Tatsachen. Jedem anderen Menschen könnten wir in der gleichen Situation vielleicht sehr gute Ratschläge geben. Da man aber selbst emotional in der Situation behaftet ist, fehlt der notwendige Abstand, und der persönliche Standpunkt vernebelt eine rationale Betrachtungsweise und hindert einen daran, eins und eins zusammenzuzählen und zum richtigen Ergebnis zu kommen.

Warum verhalten wir uns gerade in emotionalen Dingen und in der Partnerschaft oft so irrational? In vielen Fällen sind es Ängste vor dem Alleinsein, Ablehnung oder vor Verlust. Vielleicht gibt es in uns implantierte Blockaden und fremdbestimmte Zwänge, die uns in der Jugend oder durch unsere Erziehung eingepflanzt wurden. Vielleicht fühlen wir uns in einer falschen moralischen Verpflichtung gefangen. Vielleicht fühlen wir uns schuldig und haben Angst, jemanden zu verraten. Möglicherweise ist es auch einfach die Angst vor einer möglichen Demütigung oder es spielt die materielle Absicherung eine Rolle.

Eine gute Idee in dieser Situation ist es, mit vertrauensvollen Menschen die Situation zu besprechen und andere Sichtweisen einzuholen. Vielleicht muss man sich auch eingestehen, dass man moralische Unterstützung benötigt, um einer Situation besser entkommen zu können.

Gespräche (ohne Vorwürfe und Wertungen) können dabei helfen, zunächst die Veränderungen anzunehmen und eindeutig für sich zu klären, ob man in einer Situation (oder Partnerschaft) nur noch gefangen ist und was der beste vernünftige Schritt ist.

Fehlt einem am Ende der Mut – nach allen reiflichen Überlegungen – die richtigen Schritte auch zu gehen, hat man sich vielleicht bereits mit der Situation irgendwie abgefunden und für den „einfachen“ Weg entschieden. Irgendwann kommt vielleicht die Erkenntnis, dass man sich nur selbst etwas vormacht, wertvolle Zeit verliert und weiterhin in einer gewissen Abhängigkeit gefangen bleibt. Die Situation loszulassen ist ein notwendiger Schritt, um Platz für etwas Neues zu schaffen. Leider ist dieser Abnabelungsprozess oft mit Schmerzen verbunden. Die Belohnung für diesen Schritt ist jedoch mehr Selbstvertrauen, weniger Stress und ganz neue Möglichkeiten sowie eine neu gewonnene Freiheit.