Zwischenmenschliche Beziehungen

Wenn man neue Menschen kennenlernt oder eine neue Tätigkeit beginnt, stehen neue zwischenmenschliche Beziehungen auf dem Spiel, die aufgebaut, gehegt und gepflegt werden müssen, um fruchtbar zu sein.

Viele Menschen haben sehr eigene Vorstellungen zu einer gut funktionierenden Partnerschaft und vergessen dabei, daß der andere Partner auch mit gewissen Vorstellungsbildern die neue Bindung eingeht.

Um von vornherein feinste Vorfühlungen nicht sofort wieder auf Eis zu legen ist es manchmal günstiger, sich gewisse „verkleinerte“ Spielregeln nutzbar zu machen. Wenn zwei Menschen vom Gleichen sprechen, meinen sie trotzdem unterschiedliche Dinge.

Meinungsverschiedenheiten sind oft Meinungsgleichheiten mit unterschiedlichen Definitionen. Schon manche Partnerschaft brach über Wortdefinitionen. Daher ist es ratsam abzuklären, ob man bei Meinungsverschiedeneinheiten tatsächlich vom gleichen Gegenstand spricht.

Dann wiederum gibt es unterschiedliche Blickwinkel. Zwar sprechen die Partner vom identischen Thema, doch aus verschiedenen Blickwinkeln. Auch dies kann zu einem Stein des Anstoßes werden, denn viele Menschen sind der Überzeugung, daß jeder Mensch auf dem Globus über identische Gefühle, Geschmäcker, Ansichten verfügen muß.

Bevor man in Streitgespräche, auch nur in Gedanken, verfällt, bedenke man bitte zuerst die einfache Regel: Jeder Mensch erlebt die Welt entsprechend seiner eigenen Verhaltensmuster, Gedanken, Akzeptierungsbereitschaft.

Man sollte Partnerschaften niemals von der Strategie des „einer (meiner) Meinung Seins“ abhängig machen, das ist der Anfang vom Ende und das Ende des Anfangs.

Man sollte sich bei Ungereimtheiten angewöhnen, auch Meinungsverschiedenheiten genauer zu hinterfragen. Ein Fleischliebhaber wird zum Thema Küche immer anderer Meinung sein als ein Rohkostvegetarier. Beide sprechen vom Essen, doch oft schon in bezug auf Knoblauch an der Thematik vorbei. So ist es mit vielen Themen beruflicher, philosophischer, religiöser Art.

Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.

Dies ist eine uralte Wahrheit, die – harmonisch abgerundet – auch heute noch für eine gutgehende Partnerschaft sorgt. Dies heißt nicht Unterwerfung, Sklaverei, Unterdrückung der Meinungsfreiheit. Vielmehr heißt dies, daß der „neue“ Partner sich manchmal geflissentlich auf die Zunge beisst und bei Meinungsverschiedenheiten nicht gleich aggressiv oder trotzig reagierend, lospoltert. Niemand gesteht sich gerne eigene Fehler ein, doch noch weniger mag man es, wenn ein neuer Partner gleich mit der Tür ins Haus fällt und einem klarmacht, was ihm so alles nicht gefällt und wie es von jetzt an zu sein hat.

Partner, ob beruflich oder privat, sehen eine Partnerschaft nur in den seltensten Fällen als Partnerschaft an, sondern vielmehr als Spielwiese für neue Strategien. Laut oder auch leise versucht man den anderen Partner und dessen Lebensansichten zu übertölpeln, und die neuen eigenen Ideen in den Vordergrund zu bringen. Dies ist jedoch ein Zeichen der eigenen Schwäche. Wer versucht andere Menschen zu übertölpeln, tut dies aus der Angst heraus, daß die eigenen Schwachstellen erkannt und gegen einen selbst benützt werden könnten.

Partnerschaften sind es wert, daß man sie wie wertvollstes Meisner-Porzellan behandelt. Ein harscher Windzug kann wertvolles Glas zerbrechen. Kein Kitt der Welt bringt es mehr in den Originalzustand zurück.

Stehen Probleme an, möge man sich die Zeit nehmen, ein gemeinsames Brainstorming abzuhalten. Man legt die eigenen Karten offen dar, man legt eigene Vorschläge vor und räumt -dem oder den Partnern das gleiche Recht ein. Wo jeder ein klein wenig von der eigenen vorgefertigten strikten Meinung abweicht und etwas Flexibilität zeigt, stabilisiert sich schnell jede gute Partnerschaft und wächst fest zusammen.

Man sollte niemals mit dem Kopf durch die Wand gehen.

Jeder kennt aus den eigenen Verhaltensweisen den Anflug von Trotzverhalten „und jetzt erst recht, dir zeige ich es“. Damit ist das Vertrauen gebrochen. In gut funktionierenden Partnerschaften hat Trotz, Dickköpfigkeit, Aggression nichts verloren. Kinder kann man lenken, indem man ihnen ihr eigenes Trotzverhalten erklärt und ihnen neue Gedankenmöglichkeiten anbietet, die aufzeigen, daß man im Leben alles, auch ohne Trotz und Aggression erreichen kann, wenn man selbst gewisse Spielregeln einhält.

Erwachsene sollten so viel Selbstvertrauen haben sich solche kleine Fehlgedanken einzugestehen.

Menschen die mit Trotz und Dickköpfigkeit auf die Umwelt reagieren, versuchen diese nach eigenem Gutdünken zu terrorisieren. Dieser Charakterzug sollte niemals geduldet werden, denn er wird immer für Probleme sorgen.

Höflichkeit ist eine Zier, die sich auf lange Sicht immer auszahlt. Dies heißt nicht, den anderen Partner zu hofieren, „ihm ins Maul zu reden“, um seine Zustimmung zu erlangen. Dies heißt einfach, manch hitzige Bemerkung erst aus allen verschiedenen Himmelsrichtungen zu begutachten. Mit einem neuen Blickwinkel zum gleichen Thema kann jedes Problem leicht gelöst werden.

Meinungen in hitzigen Diskussionen unüberlegt auszusprechen ist oft unvorteilhaft, Meinungen denken und sich erst einen neuen Blickwinkel aneignen, ist sehr hilfreich.

Meinungen verändert man immer wieder. Daher ist eine unüberlegte Demonstration der „jetzigen“ Meinung nicht immer angebracht. Jeder Mensch bildet sich eine Meinung, doch er verändert sie auch mit jeder neuen Erkenntnis. Wo Meinungsverschiedenheiten überbrückt werden müssen, um ein Geschäft oder eine Partnerschaft aus der Unbeweglichkeit der verfestigten Trotzhaltung herauszuführen, sind eventuell mehrere Gespräche, in denen jeder „seine“ Meinung offen aussprechen darf und man danach gemeinsam die Thematik diskutiert, von Nöten. Niemand soll gezwungen sein, seine Meinung ganz zu verschweigen, doch die Meinungsfindung in ruhiger Atmosphäre ist weitaus erfolgsversprechender als jede noch so hitzige Diskussion.

Auf sein „Recht“ zu pochen, kann nachteilig für eine gesunde Partnerschaft sein. Rechthaberische Menschen sind die Anführer jeder Streithammelbrigade. Sie überbieten sich mit ihren Argumenten und bemerken gar nicht, daß sie selbst der Stein des Anstoßes sind.

Wer auf seinem Recht beharrt, eventuell sogar mit Drohungen der Meinungsbildung nachhilft, ist ein Tyrann und es lohnt sich, ihm aus dem Weg zu gehen, wenn man nicht zufällig als Psychologe ausgebildet ist und das Angstverhalten des Tyrannen durchschauen kann. Wo eine Partnerschaft auf solcher Rechthaberei aufgebaut ist, lohnt sich ein Alleingang zu überdenken. Rechthaberei ist immer ein Zeichen der eigenen Unzufriedenheit und Unsicherheit. Diesen Menschen kann leicht geholfen werden. Oft ist es nur der Hinweis auf einen neuen Blickwinkel zu einem alten Thema, der diesen Menschen zu innerer Ruhe und Selbstsicherheit verhilft.

Was dich am anderen stört, ist das, was du in dir selbst bekämpfen mußt. Menschen haben ein regelrechtes Gespür dafür, die Schwachstellen der anderen Menschen zu erkennen. Doch sie übersehen gerne, daß dies Teil der eigenen Verhaltensweise ist. Indem man dem Partner offen seine Schwachstellen aufzeigt, versucht man ihn zu entblößen um die eigene Eitelkeit, das eigene logische Wohlgefühl, die Siegerpose ausnützen und die eigenen Schwachstellen damit verheimlichen zu können. Im Beruf wie in der Partnerschaft wird es immer Hackordnungen, Rangordnungen, Eifersüchteleien geben. Dies ist fester Bestandteil der menschlichen „Balzrituale“ von all den unsicheren Charakteren, die erst lernen müssen die eigenen Charakterstärken zu erkennen. Charakterstarke Menschen pochen nicht auf gewissen Rechten, Rängen, Titeln. Für sie ist das Wissen, die Weisheit Anerkennung genug. Keine Sonderration „Streicheleinheiten für die Logik“ sind nötig.

„Den Kopf in den Sand stecken“ – manches mal ist diese symbolische Haltung notwendig, um kurzfristig eine abhanden gekommene Balance in einer Partnerschaft wieder herzustellen.

Manche Menschen, von Jung bis Alt, benötigen manchmal eine „Pufferzone“, einen „Glaskasten“, einen „Freiraum“ um sich mit eigenen Problemen beschäftigen und diese ausmerzen zu können. Nicht jeder meistert diese Situation gleich gut. Oft wandert der betroffene Mensch ärgerlich durch die Welt und beschimpft vom Hund bis zur Putzfrau jeden, der ihm in diesen fünf Minuten der Unkontrolliertheit über den Weg kommt. Was macht einen Menschen so unsicher, so wütend, daß er es „der Welt zeigen will“? Innere Unsicherheit. Probleme, die einem über den Kopf wachsen und die man nicht offen

diskutieren will.
Manche Leute wollen sich streiten und suchen sich den nächstbesten
Sparringpartner aus, den eigenen Partner und „dessen“ Angewohnheiten. Hier besteht jetzt die Gefahr, daß die eigene Unsicherheit zu Spitzheiten, Aggressionen und lauten Beleidigungen antreibt. Menschen, die beständig andere Menschen beleidigen, sie vor Drittpersonen herabwürdigend behandeln, bedürfen der Beratung um ihre eigenen Frustängste besser verstehen zu können. Schreitherapie bietet keine Lösung, erst das tiefe Verstehen eigener Gedanken- und Verhaltensmuster gibt den nötigen Einblick.