Trauerbewältigung

Von einem Tag auf den anderen ist Die Welt nur noch grau, trübsinnig und sinnlos. Wenn uns ein geliebter Mensch verlässt kann das ein nahezu unerträgliches Trauma auslösen. Bei der Trauerbewältigung gibt es kein richtig oder falsch, jeder Mensch hat seine eigene Persönlichkeit und seinen eigenen Weg, damit umzugehen.

Der (männliche) Schreiber dieser Zeilen hat im Alter von Anfang 30 seine beiden Eltern verloren (nur wenige Wochen Abstand), später seine Grosseltern und auch enge Freunde. Auch der Verlust einer Katze, die gefühlt mehr ein Adoptivkind war, kann einen unglaublichen Verlustschmerz auslösen. Als junger Mann drückt man seine Gefühle nicht so gerne aus und die Verarbeitung ist möglicherweise ganz anders als bei einer jungen Frau. Deshalb kann es hier auch keine gutgemeinten Ratschläge geben, wie man mit dem Tod umgehen muss, trotzdem kann es dir vielleicht helfen, die Erfahrung von jemanden zu lesen, der einen ähnlichen Schicksalsschlag erlebt hat.

Bei der Trauerbewältigung und Trauerarbeit gibt es zwei Strategien, die Menschen dabei bewusst oder unbewusst anwenden: die Verdränger und die Reinsteigerer. Die Verdränger (zu denen ich ebenfalls gehöre) meiden so gut wie möglich jede Konfrontation mit der Situation und setzen den Fokus auf Dinge, die sie ablenken. Sie besuchen nur ungerne das Grab und weichen Gesprächen über ihre Gefühle aus.

Die Reinsteigerer versuchen alles, um die neue Situation irgendwie in ihr Leben einzubauen. Sie suchen täglich das Grab auf, verbringen Stunden beim Betrachten alter Fotos, Videos und Erinnerungsstücke. Leider machen sie sich oft auch Vorwürfe, insbesondere wenn man in den letzten Stunden Streit mit dem Verstorbenen hatte oder keine Möglichkeit hatte, sich auszusöhnen.

Beide Strategien haben ihre Vor- und Nachteile, die Balance zwischen dem Verarbeiten von Erinnerungen und gesunder Ablenkung ist vermutlich der beste Weg, mit der Situation umzugehen.

Wenn der Schmerz noch frisch ist, bricht eine Welt zusammen. Vielleicht steht man zu Beginn noch unter Schock und realisiert gar nicht, was das bedeutet. Vielleicht kommt es erst nach einigen Tagen an, das berühmte Ankommen und Realisieren der Situation begleitet von einem plötzlichen emotionalen Zusammenbruch. Man wird niemals mehr mit dem Verstorbenen ein Wort wechseln: keine gemeinsame Gespräche, kein Lachen und keine Begegnungen mehr. Der geliebte Mensch wurde brutal aus dem Leben gerissen. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob der Tod aufgrund von Krankheit absehbar war oder unerwartet eingetreten ist. Erst wenn der Mensch plötzlich unwiderruflich fort ist, wird einem selbst erst bewusst, welchen besonderen Wert der Mensch hatte. Selbst wenn die emotionale Verbindung eigentlich nicht besonders intensiv war kann die eigene Sichtweise und die Gefühle nach dem Tod völlig anders aussehen.

Selbst wenn man sich bewusst ist, dass es nach dem Tod ein Wiedersehen gibt, ist bis zum eigenen Tod der Mensch erstmal nicht mehr Bestandteil des eigenen Lebens mehr.

Wie lange braucht es, bis die Trauer wieder einigermassen abgeklungen ist und man wieder ein normales Leben führen kann? Einige Menschen brauchen Wochen oder Monate, der Autor hat etwa 2 Jahre gebraucht. Die Trauerarbeit ist auch kein linearer Prozess, bestimmte Dinge und Situationen können plötzlich alte Erinnerungen und Gefühle wecken, die einen wieder in den traumatischen Zustand zurückreißen.

Insbesondere, wenn du Jahre nach dem Versterben des Menschen noch über positive Abschiedsgeschenke stolperst, die dir beweisen, dass du geliebt worden bist. Auch lange über den Tod hinaus hat dieser Mensch positive Dinge für dich bewirkt. Auch das kann dich wieder in die Trauererfahrung zurückbringen, selbst wenn viele Jahre vergangen sind.

Irgendwann jedoch wird auch bei dir Gras über die Sache gewachsen sein. Akzeptiere deine Traurigkeit. Vermeide Wut und Schuldgefühle. Nimm dir die Zeit, die nötig ist, um deinen Schmerz auf deine ganz eigene Art und Weise zu verarbeiten. Andere Menschen können dir zwar ihr Ohr schenken, aber sie stecken nicht in dir drin und es steht ihnen nicht zu, dir vorzuschreiben, wie und wie lange du zu trauern hast.

Wie wenig hilfreich fremde Ratschläge sind erkennt man, wenn man in Trauerbewältigungs-Lektüre herumblättert und welche Tipps man bekommt, um sich abzulenken: Sport, Essen zubereiten, Lesen, Basteln, Fernsehen, Tanzen, Spazieren gehen…. du selbst wirst ganz instinktiv Spazieren gehen, wenn dir danach ist und du weisst sicherlich auch selbst ganz gut, was dir Freude bereitet und was eher nicht. Den Tipp, Feiern zu gehen, und seine Trauer zu ertränken wirst du aber nirgendwo lesen – du wirst bereits wissen, warum das durchaus sinnvoll und gut ist, dass dieser Ratschlag nirgendwo zu finden ist.

Es ist DEINE Trauer – lass dir von niemanden reinreden, wie du damit umzugehen hast. Die gefühllose Gesellschaft verlangt von dir, nach wenigen Tagen wieder im Arbeitsleben zu funktionieren, aber das klappt in der Praxis einfach nicht. Schreie es heraus, wenn dir danach ist. Vergrabe dich tief in dein Schneckenhaus, wenn dir danach ist. Du selbst willst wieder ins emotionale Gleichgewicht kommen, willst den Stachel des Schmerzes schnell aus deiner Seele herausziehen. Das wird leider nicht so einfach gelingen, der Stachel löst sich nur langsam auf, aber früher oder später wird es besser.

Fällst du selbst einen geliebten Menschen kürzlich gerade verloren hast, ich wünsche dir viel Kraft und dass der Trauerschmerz so schnell wie möglich abklingt. Nur du bestimmst dabei das Tempo. Lass dir ruhig Zeit!