Rollen und Macht am Arbeitsplatz
Die Schule, Ausbildung und Studium bereitet uns darauf vor, auf unserem Spezialgebiet ein Experte zu sein. Worauf sie uns nicht vorbereitet sind die ganzen zwischenmenschlichen Spielregeln, die zu kleinen Machtkämpfen, Intrigen und sogar zu Mobbing führen können. Auf dieses Thema möchten wir einmal kurz unsere Aufmerksamkeit lenken.
Wer schon einmal in einer Firma mit vielen Kolleginnen und Kollegen zusammengearbeitet hat, der schliesst sich schnell einer sozialen Gruppe an. Das ist völlig normal und gehört zum Sozialverhalten einfach dazu. Instinktiv neigt der Mensch dazu, sich mit Menschen zusammenzuschliessen, mit denen sie typische Gemeinsamkeiten haben: Alter, gleicher Hintergrund oder Herkunft, gemeinsame Werte, Interessen oder der Charakter (z.B. humorvoll oder eher sachlich) wirkend anziehend. Dieser Effekt wird auch Homophilie genannt. Laut dem hermetischen Gesetz der Resonanz begegnen und im Alltag auch zufällig eher Menschen, mit denen wir Gemeinsamkeiten haben. Dieser Effekt wird von der Wissenschaft statistisch zwar noch nicht untersucht, aber die persönliche Erfahrung bestätigt oft diese Gesetzmäßigkeit.
Natürlich gewöhnen wir uns zuerst an die Kollegen, mit denen wir eng, z.B. in einer Abteilung, zusammenarbeiten. Im Laufe der Jahre bildet sich eine Art „Gruppengeist“, der einen unbewusst formenden Einfluss auf uns hat. Plötzlich haben wir nicht nur die selbe Berufung wie unsere Kollegen, sondern teilen auch politische Meinungen, Weltbilder (was ist normal und was nicht) oder identifizieren uns sogar mit dem gleichen Fussballverein.
Diese unsichtbare Dynamik entscheidet darüber, wer mit wem zusammenarbeitet oder eine Allianz bildet. Dabei gibt es auch versteckte Gruppen, die vielleicht gar nicht in der selben Abteilung arbeiten und ebenfalls sehr einflussreich auf das Gesamtgeschehen sind, aber gar nicht so deutlich als Gruppe in Erscheinung treten. Schauen wir uns diese „versteckten“ Gruppen einmal näher an.
Flüstergruppen
Ein kleiner Kreis, der sich regelmäßig offline berät, z.B. ausserhalb der Firma oder in kleinen Telegramm- oder WhatsApp-Gruppen
Mittagstisch-Koalition
Eine Gruppe, die täglich zusammen isst, vielleicht ausserhalb der Firma und sich so regelmäßig austauscht und eigene Strategien festlegt.
Widerstandsgruppen
Kollegen, die sich gemeinsam von der Unternehmensleitung benachteiligt fühlen und eine gemeinsame Abwehrhaltung entwickeln.
Moralische Instanz
Eine Gruppe, die für sich in Anspruch nimmt, zu entscheiden, was gerecht, unkorrekt oder wünschenswert ist.
Diese versteckten Gruppen können erheblich in den Arbeitsablauf eingreifen. Plötzlich erreichen dich wichtige Informationen nur verspätet oder gefildert. Vielleicht sind einige Kolleginnen/Kollegen eher ruhig und zurückhaltend, im Hintergrund aber sehr aktiv und möglicherweise auch manipulativ.
Diese inoffizielle Gruppenbildung kann dazu führen, dass du von verantwortungsvollen Aufgaben ausgeschlossen wirst. Deine ganze weitere Karriere kann erheblich von deiner Position in diesen Gruppen abhängen, weniger von deinen Fähigkeiten oder Talenten.
Was du tun kannst, wenn du dich ausgegrenzt fühlst
Zunächst einmal solltest du deine Vermutung, bewusst ausgegrenzt zu werden, gründlich prüfen. Führe z.b. ein Mini-Tageboch für 1-2 Wochen und notiere dir die Situationen, Gespräche und Gefühle – so erkennst du Muster sammelst für dich Belege für eine ungesunde Situation.
Spreche das Thema offen an, mache die Gruppen auch für andere sichtbar. Z.B. kannst du erwähnen, dass du von bestimmten Entscheidungsprozessen nichts mitbekommen hast und ob diese offiziell beschlossen wurden oder von einigen Einzelpersonen.
Es ist hilfreich dich bewusst gezielt einzubringen, bei Meetings, Chats und bei der Lösungssuche. Je mehr Mehrwert du lieferst, desto schwerer kann man dich ignorieren.
Schliesse dich mit verlässlichen Personen zusammen – werde selbst Teil einer informellen Gruppe. Nutze deine soziale und emotionale Intelligenz. Wähle nicht den schwierigen Weg der Konfrontation sondern strebe nach mehr Einfluss.
Wenn du keine Anknüpfungspunkte findest, such nach Gemeinsamkeiten: Hobbys, gemeinsame Interesse und Projekte. Dränge dich nicht auf indem du sagst, „Ich will dabei sein“, sondern biete Lösungen und Ideen an, wie man das Thema lösen oder verbessern kann.
Wenn Du angefeindet wirst, in einer unfairen Art und Weise, setze klare Grenzen. Suche z.B. ein 4-Augen-Gespräch und frage: „Mir ist aufgefallen, dass ich bei dem Projekte nicht einbezogen werde. Ich würde gerne verstehen, woran das liegen könnte?“. Das Gespräch mit dem Vorgesetzten sollte erst das letzte Mittel sein, wenn du alleine nicht weiterkommst.
Bleibe bei allen Situationen in deiner Mitte und achte auf dein Selbstwertgefühl. Lasse dich nicht von Machtspielen, Angst und der Unsicherheit deiner Kollegen mitreissen – behalte die Kontrolle. Je stärker du angesichts solcher Situationen in deiner Ruhe bleibst, desto mehr Respekt wirst du ernten und deinen positiven Beitrag zum Gesamtgeschehen leisten.








