Ischtar – die Königin des Himmels
Die Göttin Ischtar wurde bereits 3500 v.Chr. unter dem Namen Inanna von den Sumerern verehrt. Von Ihr erfahren wir ihre Geschichte als den ältesten jemals schriftlich fixierten Mythos einer Göttin überhaupt.
Tiefgehende Informationen zur Göttin Ischtar findest du auch dem spannenden Video zu ihr von Alexander Stier: Ischtar Video.
Ischtar ist der babylonische und assyrische Name der numerischen Göttin Inanna. Ihr Planet ist die Venus, sie repräsentiert sowohl Liebe, Erotik und Sexualität, gleichzeitig ist sie aber auch die Göttin des Krieges und der Macht.
Kultur / Volk | Göttin | Merkmale | Zeitraum |
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Sumerisch | Inanna | Liebe, Sexualität, Fruchtbarkeit, Krieg | ca. 3500–2000 v. Chr. |
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Babylonisch-Assyrisch | Ischtar | Liebe, Krieg, Sexualität, Venus, Himmelskönigin | ca. 2000–600 v. Chr. |
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Phönizier / Kanaanäer | Astarte | Liebe, Fruchtbarkeit, Erotik, Krieg, Seefahrt | ca. 1500–500 v. Chr. |
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Griechen | Aphrodite | Liebe, Schönheit, Sexualität, Fruchtbarkeit | ca. 800 v. Chr.–400 n. Chr. |
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Römer | Venus | Liebe, Schönheit, Sexualität | ca. 300 v. Chr.–400 n. Chr. |
Ischtars Reise in die Unterwelt
Über Ischtar kennen wir eine der schönsten zentralen Liebesgeschichten über die Zyklen der Natur, der Jahreszeiten und der Erneuerung.
Eines Tages stirbt der Fruchtbarkeitsgott Tammuz, der Geliebte der Göttin Ischtar, der daraufhin in die Unterwelt hinabfährt.
Ischtar trauert um ihren Geliebten und beschließt, ihn aus der Unterwelt zurückzuholen. Die Herrscherin der Unterwelt ist Ischtars Schwester Ereschkigal. Diese ist auf ihre Schwester Eifersüchtig, wegen ihrer Schönheit, ihrer Liebe, Macht und Freiheit. Während Ischtar in der lichtvollen Oberwelt herrscht, ist Ereschkigal in der Unterwelt von den Freuden der Oberwelt abgeschnitten. Darum ist sie auf Ischtars Schönheit und Anmut neidisch und ihr nicht besonders wohlgesonnen.
Nachdem Ischtar ihren Diener Ninshubur anweist, die übrigen Götter herbeizurufen, falls sie nicht zurückkehre, beginnt sie ihren Abstieg durch die sieben Tore der Unterwelt.
Hindurchgelassen wird Ischtar nur, wenn sie jeweils etwas von ihrer Macht abgibt. Zuerst muss sie Ihre Krone abgeben, dann ihre Ohrringe usw.. Zuletzt muss sie auch noch ihr einziges Gewand ablegen, wodurch sie völlig nackt wird. Hier die jeweiligen Tore und Stufen auf ihrer Reise hinab in die Unterwelt:
Tor | Was Ischtar abgeben muss | Symbolische Bedeutung |
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1 | Krone | Verlust göttlicher Autorität |
2 | Ohrringe | Verlust von Schönheit und Stolz |
3 | Kette | Verlust von Ansehen |
4 | Schmuck und Edelsteine | Verlust von Reichtum |
5 | Gürtel | Verlust von Stärke und Macht |
6 | Armbänder | Verlust ihrer Kräfte |
7 | Gewand (letztes Kleidungsstück) | Verlust ihrer Identität (nackt) |
Nach durchschreiten des letzten Tores hat Ischtar alles abgelegt und steht völlig nackt und machtlos vor ihrer Schwester Ereschkigal.
Ereschkigal ergreift die Gelegenheit und tötet Ischtar und hängt ihren leblosen Körper an einen Haken. Dadurch völlig entmachtet wird die Natur augenblicklich unfruchtbar, denn durch den Tod der Göttin Ischtar gibt es keine Fruchtbarkeit und kein neues Leben mehr auf der Erde. Tiere und Pflanzen sterben und vermehren sich nicht mehr.
Ischtars Diener Ninshubur bemerkt die längere Abwesenheit Ischtars und bittet daraufhin die Götter um Hilfe. Diese merken rasch, dass Handlungsbedarf besteht und beschliessen, Ischtar zur Hilfe zu kommen.
Die Götter beleben Ischtar sofort wieder, sie erhält ihre Macht und ihre Kleidung zurück und kann die Unterwelt wieder verlassen.
Doch das Gesetz besagt, dass niemand die Unterwelt wieder verlassen darf. So besteht Ereschkigal schliesslich darauf, dass jemand anderes Ischtars Platz einnimmt. Schweren Herzens wählt Ischtar Tammuz aus, der jedes Jahr für eine gewisse Zeit (im Winter) in der Unterwelt bleiben muss. Das Leben auf der Welt bleibt bestehen, doch jedes Jahr im Winter zieht sich die Fruchtbarkeit wieder zurück und macht eine kurze Pause. Im Frühling kehrt Tammuz wieder zu seiner Göttin zurück, begleitet von einem Wiedererwachen der Natur, Fruchtbarkeit und der Lebenskraft.
Ischtar und Gilgamensch
Im ältesten Epos der Menschheit, dem Gilgamesch-Epos, erfahren wir eine weitere Geschichte der Göttin Ischtar. Hier ist sie in der Rolle der Eifersüchtigen und zeigt eine ganz andere Seite. Eines Tages verliebt sich die Göttin in den kräftigen und schönen Helden, König und Halbgott Gilgamesh. Gilgamesh weiss jedoch um das tragische Schicksal ihres früheren Geliebten und gibt ihr einen Korb. Vermutlich hatte Ischtar sogar mehrere Geliebte, deren sie häufig überdrüssig geworden war. Ischtar war daraufhin tief verletzt und erzürnt über die Zurückweisung von Gilgamesch. Noch nie hatte es jemand gewagt, sie zurückzuweisen oder konnte ihrer Schönheit widerstehen. Um sich zu rächen forderte Ischtar von ihrem Vater, dem Himmelsgott Anu, den mächtigen Himmelsstier auszusenden, um Gilgamensch zu bestrafen.
Gemeinsam mit seinem neuen Heldenfreund Enkidu tötet Gilgamesch jedoch den Stier. Daraufhin forderte Ischtar den Tod Enkidus, dem auch entsprochen wird, wodurch die Geschichte für Gilgamesh ein tragisches Ende nimmt. Der Verlust seines Freundes macht Gilgamesh daraufhin für die grausame Natur des Todes bewusst, den er als nahezu unsterblicher Halbgott bisher nicht fürchtete. Er beginnt darauf eine Reise zum Geheimnis des ewigen Lebens… das ist allerdings eine andere Geschichte.
Göttin Ischtar: verehrt in der Antike bis zum heutigen Tag
Ischtar ist eine eine ambivalente Göttin, die sowohl gute als auch schlechte Seiten hat, was sie irgendwie sehr menschlich macht. Ihre Tradition endete mit der Göttin Venus als Symbol für weibliche Spiritualität und Fruchtbarkeit. Auch die Göttin Hekate, die frei zwischen Ober- und Unterwelt wechseln konnte, zeigt Parallelen zu Ischtar. Doch wenn es um den Aspekt Fruchtbarkeit und Mütterlichkeit geht, bleibt nur noch Maria, die tatsächlich auch als „Himmelskönigin“ bezeichnet wird, als Repräsentantin der weiblichen göttlichen Urkraft.
Ischtar wird hingegen immer die grosse Göttin bleiben, die universelle weibliche Urkraft. Im Neopaganismus und im Wikka-Kult scheint ihre Verehrung heute noch die stärkste Lebendigkeit zu zeigen, auch wenn sie nicht mehr bei ihrem ursprünglichen Namen genannt wird. Sie steht für Liebe und Erotik, Lebenskraft der Natur, den Kreislauf aus Werden und Vergehen. Die Tarotkarte Die Herrscherin drückt ebenfalls noch einen Teil dieser okkulten Symbolik aus.
Sie ist im ursprünglichen Sinne nicht nur die Göttin der Liebe und der Natur sondern auch des Krieges und der Machtergreifung. Dazu greift sie auch gerne auf erotische Waffen, List und Verführung zurück. Ihr Symboltier ist die Taube aber auch der Löwe (Siehe Ischtar-Tor in Berlin).
Sie ist die Königin des Himmels, Göttin der Schönheit und Erotik. Sie ist Herrin des Lebens, der Freude und Erneuerung. Sie steht für Transformation und Veränderung, aber auch für Heilung, Zuversicht und Fülle.